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TradingBrothers Blog
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11.09.2025 - Inflation frisst Kaufkraft: Was Anleger aus 50 Jahren Geschichte lernen müssen

Inflation ist kein vorübergehendes Phänomen, sondern ein ständiger Begleiter der Weltwirtschaft. Eine aktuelle Analyse der Deutschen Bank Research zeigt dies mit beeindruckender Klarheit. Seit dem Ende des Bretton-Woods-Systems im Jahr 1971 gab es weltweit kein einziges Land, das über Jahrzehnte hinweg eine durchschnittliche Inflationsrate von weniger als 2 % verzeichnen konnte. Selbst die Schweiz, international als Musterbeispiel für Stabilität bekannt, kommt langfristig auf rund 2,2 %.

Globale Datenlage über fünf Jahrzehnte

Die Studie betrachtet 152 Länder über mehr als fünf Jahrzehnte. Das Ergebnis ist eindeutig: Kein Land konnte sich der Inflation entziehen. In 107 Staaten lag die durchschnittliche Teuerung über 5 % pro Jahr, in 55 Ländern sogar über 10 %. Wer glaubt, dass Inflation nur in instabilen Volkswirtschaften eine Rolle spielt, unterschätzt ihre universelle Wirkung. Auch in hochentwickelten Industriestaaten war die Geldentwertung nie zu vermeiden.



Inflation_-_Deutsche_Bank.jpgKein einziges Land konnte in 50 Jahren hinweg eine durchschnittliche Inflationsrate von weniger als 2 % verzeichnen. Quelle: Deutsche Bank

Die unterschätzte Wirkung der Zeit

Inflation wirkt schleichend und wird deshalb leicht unterschätzt. Drei Prozent Teuerung in einem Jahr erscheinen auf den ersten Blick verkraftbar. Doch die Wirkung der Zinseszins-Logik führt über längere Zeiträume zu dramatischen Effekten:

  • Bei 3 % Inflation halbiert sich die Kaufkraft in knapp 24 Jahren.

  • Bei 10 % Inflation in nur gut 7 Jahren.

Wer also glaubt, sein Vermögen sei auf einem Sparbuch oder in bar sicher aufgehoben, täuscht sich. Der Verlust tritt nicht plötzlich ein, sondern frisst sich Jahr für Jahr unbemerkt in die Substanz.

Die psychologische Falle

Genau hier liegt die größte Gefahr für Privatanleger. Die kurzfristige Stabilität eines Bankkontos vermittelt Sicherheit. Die langfristige Erosion durch Inflation ist dagegen unsichtbar. Wer keine Aktien und andere Sachwerte besitzt, wird finanziell ,,gegrillt.“ Die Aussage mag drastisch wirken, bringt aber die Kernaussage auf den Punkt. Untätigkeit am Kapitalmarkt ist in einem inflationären Umfeld keine neutrale Haltung – sie ist gleichbedeutend mit einem sicheren Kaufkraftverlust.

Konsequenzen für die Anlagestrategie

Die Botschaft ist eindeutig: Wer Vermögen bewahren will, braucht Sachwerte. Dazu gehören Aktien, Immobilien, Edelmetalle und Unternehmensbeteiligungen. Diese Anlageformen haben eines gemeinsam: Sie repräsentieren reale Werte, die sich der schleichenden Geldentwertung entziehen können. Historisch gesehen bieten insbesondere Aktien langfristig den besten Schutz. Unternehmensgewinne und Dividenden wachsen mit der Wirtschaft, und Aktienkurse spiegeln diese Entwicklung wider.

Relevanz für die Gegenwart

Gerade in Zeiten, in denen die Inflationsraten scheinbar moderat sind, ist es wichtig, die historische Dimension nicht zu vergessen. Die Jahre 2021 bis 2023 haben Anlegern in Europa und den USA drastisch vor Augen geführt, wie schnell die Teuerung wieder ansteigen kann. Doch auch in Phasen mit geringeren Raten bleibt der Mechanismus derselbe: Geld verliert kontinuierlich an Wert. Wer sich darauf verlässt, dass niedrige Inflation die Regel sei, ignoriert die Erkenntnisse aus über 50 Jahren Wirtschaftsgeschichte.

Fazit: Inflation ist die Regel, nicht die Ausnahme

Die Lektion lautet deshalb: Inflation ist kein Ausnahmezustand, sondern die Normalität. Anleger sollten ihre Portfolios so strukturieren, dass sie auch über lange Zeiträume robust gegenüber Kaufkraftverlusten bleiben. Wer den Fehler macht, das Risiko zu unterschätzen oder sein Kapital überwiegend in nominalen Anlagen zu parken, wird zwangsläufig Vermögen verlieren. Nur wer sich auf Sachwerte fokussiert, kann den schleichenden Diebstahl der Inflation aufhalten.

Die Analyse der Deutschen Bank Research liefert damit nicht nur eine Statistik, sondern eine Handlungsanweisung. Anleger, die diese Zahlen ernst nehmen, erkennen, dass die entscheidende Frage nicht lautet, ob Inflation zurückkehrt, sondern wie man sich vor ihr schützt. Die Antwort ist klar: Mit Sachwerten, die reale Werte abbilden und langfristig gegen Geldentwertung bestehen können.



(Quelle: Mario Lochner, LinkedIn-Post „Diese Zahlen muss jeder Anleger sehen“, 2025, basierend auf Daten der Deutschen Bank Research)

04.09.25 - Die Finanzpyramide – Dein Weg zu einem ganzheitlichen Risikomanagement

Viele Anleger stolpern an der Börse, weil sie alles auf eine Karte setzen: zu viel Risiko, zu viel Emotion, zu wenig System und Disziplin. Genau hier setzt die Finanzpyramide an. Sie ist das zentrale Werkzeug im TB-Universum, um Börsenerfolg planbar und Risiken kontrollierbar zu machen. 

TB_-Finanzpyramide.png

Die Grafik zeigt es einfach und klar: unten das stabile Fundament, darüber das Trading und ganz oben die Spekulation. Jede Ebene hat ihren Sinn, ihre Regeln – und vor allem: ihre klare Gewichtung.

Werfen wir einen genaueren Blick drauf:

1. Prinzip der Finanzpyramide

Die Pyramide gliedert Dein Vermögen in drei Ebenen:

  • Fundament: Aktien und Gold, stabil und langfristig

  • Trading: Beimischungen mit klarer Strategie

  • Spekulation: kleine Einsätze mit großem Potenzial

Das Prinzip ist klar: Je stabiler die Basis, desto sicherer Dein Gesamtvermögen. Je riskanter eine Ebene, desto kleiner ihr Anteil. So stellst Du sicher, dass ein einziger Fehler nicht Deine gesamte Finanzplanung zerstört.

2. Rendite und Risiken abwägen

In der Pyramide geht es um die richtige Balance:

  • Unten: Kapitalerhalt und Krisensicherheit.

  • Oben: Renditechancen, aber auch die Möglichkeit von Totalverlusten.

Viele machen den Fehler, ihr Depot auf den Kopf zu stellen – zu viel Tesla, zu viel Nvidia, zu viel Hebel. Solange es läuft, wirkt es wie ein Erfolg, aber sobald der Markt dreht, stürzt die ganze Pyramide ein. Die klare Trennung zwischen Risiko- und Renditeoptimierung ist der Schlüssel, damit Du langfristig investiert bleibst – auch über Krisen hinweg.

3. Ein stabiles Fundament

Das Fundament ist die größte Ebene – und bewusst langweilig:

  • Hochwertige Aktien, die seit Jahren zeigen, dass sie Krisen überstehen.

  • Gold als Wertspeicher, gerade in unsicheren Zeiten.

  • Diversifikation über mindestens 20 Werte, die möglichst wenig miteinander korrelieren.

Eine einfache Regel hilft: Aktien im Fundament müssen von links unten nach rechts oben verlaufen. Nur so entsteht stetiges Wachstum. Gewinne aus riskanteren Ebenen fließen regelmäßig zurück ins Fundament – so wächst die Pyramide dauerhaft und wird stabiler.

4. Trading als Beimischung

In der Mitte der Pyramide liegt die flexible Ebene des Tradings. Hier geht es um aktive Strategien:

  • Swingtrading, saisonale Muster, Long- und Short-Positionen

  • Derivate wie Futures oder Optionsscheine – aber nur mit kontrolliertem Hebel

  • Klare Stop-Techniken, die konsequent zur Strategie passen

Trading macht etwa 20 % der Finanzpyramide aus. Es eröffnet attraktive Renditechancen, ohne das Fundament zu gefährden. Gleichzeitig dient es oft als Gegengewicht: Long, wenn der Markt stark ist – Short, wenn er schwach ist.

5. Knackige Spekulation

Ganz oben, an der Spitze der Pyramide, ist Platz für die „Kicks“:

  • Optionsscheine, Kryptowährungen, kleine Wachstumsaktien

  • Kleine Einsätze, die bewusst auch mal verloren gehen dürfen

  • Disziplin, Gewinne rechtzeitig ins Fundament umzuschichten

Der entscheidende Unterschied: Spekulation ist kein Zocken. Sie folgt klaren Regeln. Viele kleine Versuche, wenige Treffer – aber ein einziger Treffer reicht, um Verluste mehr als auszugleichen.

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Fazit: Stabilität trifft auf Chancen

Die Finanzpyramide gibt Dir Struktur, Disziplin und Sicherheit. Sie hilft Dir, klar zu trennen: Kapital sichern, Chancen nutzen, Spekulation begrenzen. Damit wirst Du zum eigenen Vermögensverwalter – unabhängig von Banken oder Beratern.

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28.08.25 - Ist alles Goldmine was glänzt?

Wer in Gold investieren will, kauft entweder direkt physisches Gold und muss sich dann um die sichere Lagerung kümmern, oder börsengehandeltes physisch hinterlegtes Gold. Auch TradingBrothers hat schon lange beide Gold Varianten im Fundament.

Aber es gibt noch weitere Möglichkeiten in Gold zu investieren:

  1. Goldminenbetreiber wie Barrick Mining Corporation

  2. Gold Royalty- und Streamerfirmen wie Franco-Nevada

Während das Geschäftsmodell von Minenbetreibern einfach ersichtlich ist, ist das Royalty und Streamer Geschäftsmodell eher unbekannt. Und genau dieses Geschäftsmodell wollen wir uns genauer anschauen. Aber zuerst müssen wir uns einen Überblick über den Lebenszyklus einer Mine verschaffen.

Die klassische Goldmine

Eine Mine durchläuft 5 Phasen:

  1. Bei der Prospektion muss zuerst ein Ort mit einer ausreichend hohen Rohstoffkonzentration gefunden werden, die den Abbau lohnt. Hier findet eine erste Beurteilung der Art und Menge der Rohstoffe statt. Die Erkundung kann am Computer, mit Flugzeug und mit Bodenanalysen bis in zu Kernbohrungen und Ausschachtung von Gräben stattfinden. Dafür müssen Erkundungsrechte und auch staatliche Genehmigungen eingeholt werden.

  2. Als nächstes findet die genaue Evaluation der Größe, Umfang und Konzentration der Rohstoffe statt. Im Anschluss kann entschieden werden, ob sich ein Abbau wirtschaftlich lohnt.

  3. Während der Erschliessung wird die Bergbauaktivität aufgebaut, also die gesamte Infrastruktur wie Straßen und Bahntrassen, oberirdische oder unterirdische Förderanlagen.

  4. Erst jetzt werden im Abbau wertvolle Rohstoffe gefördert und die Mine wirft Gewinne ab. Während der Abbauphase kann die Minentätigkeit mit neuen Funden erweitert werden.

  5. Ganz zum Schluss findet der Rückbau der Mine statt und das Land wird wieder der Natur zurückgegeben.

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    Super Pit Goldmine in Kalgoorlie, Australien, 2005, CC BY-SA 3.0

Diese Phasen gelten allgemein für alle Arten von Bergbautätigkeiten unabhängig der abgebauten Rohstoffe. Bis eine Mine überhaupt Rohstoffe liefert, vergehen viele Jahre und es ist eine hohe finanzielle Investition. Gleichzeitig kann jederzeit der Aufbau abgebrochen werden, wenn sich zum Beispiel die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern. Das finanzielle Risiko ist also hoch.

Komplizierter wird es dadurch, dass der Rohstoffpreis von Angebot und Nachfrage bestimmt wird, sodass die Einnahmen und Gewinne eines Bergbaus stark mit den oft volatilen Preisen schwanken. Schnell wechselnde Rohstoffpreise können ein großes Ärgernis sein, weil Bergbaukosten wie Gehälter nicht so schnell angepasst werden können wie die Gold-Präferenzen der Anleger.

Was sind Gold Royalties und Streamer?

Die Begriffe Royalties und Streaming beschreiben eine finanzielle Transaktion, bei der ein Investorunternehmen einem Bergbauunternehmen im Voraus die Minenerschließung mitfinanziert.

Beim Streaming wird das Recht erkauft, Gold zu einem reduzierten Preis in der Zukunft zu kaufen und bei Royalties findet eine Beteiligung am Umsatz oder Gewinn statt. Für Anleger ist dies ein völlig anderer Weg, um Gold- und Edelmetall-Exposition in ihr Portfolio aufzunehmen – mit vielen Vorteilen.

Beide Geschäftsmodelle machen sich nicht die Hände schmutzig, indem sie Minen betreiben. Stattdessen stellen sie den Minenbetreibern Geld zur Verfügung, um deren Geschäfte zu unterstützen. Eine Vereinbarung zwischen einem Minenbetreiber und einem Streaming-Unternehmen kann jederzeit getroffen werden – von einer noch rein konzeptionellen Mine bis hin zu einer bereits produktiven Anlage.

Wie funktioniert das Royalty- und Streaming-Geschäftsmodell?

Die investierenden Unternehmen nutzen in der Regel kurzfristige Schulden, etwa Bankkredite, um die anfänglichen Kosten zu decken. Anschließend geben sie Schulden aus oder emittieren Aktien für eine dauerhafte Finanzierung. Konservativere Firmen können hingegen Kapital im Vorfeld einsammeln und das Geld über die Zeit einsetzen.

Wenn ein Streamer eine Mine in der Entwicklungsphase unterstützt, können die Zahlungen des Unternehmens über die Zeit verteilt werden und Meilensteine für das Minenunternehmen enthalten. Jede Vereinbarung ist unterschiedlich, aber grundsätzlich erhält das Unternehmen kein Metall, bevor die betreffende Mine betriebsbereit ist. Bei bereits laufenden Minen liefert das Bergbauunternehmen das Metall gemäß den vertraglich festgelegten Bedingungen. Sobald das Metall geliefert ist, wird der Minenbetreiber zum vereinbarten Preis bezahlt – nicht zum aktuellen Spot-Preis.

Anschließend verkauft das Unternehmen das Gold, um Einnahmen zu erzielen. In der Praxis behalten viele Firmen jedoch einen Teil des Goldes als Reserve. Diese kann bei Preisschwankungen wieder freigesetzt werden.

Vor- und Nachteile für Streamer

Für die Streamer ergeben sich daraus mehrere Nutzen:

Breite Margen sichern. Sie kaufen Edelmetalle zu stark reduzierten Preisen, wodurch sie unabhängig von den Schwankungen des Rohstoffmarktes hohe Margen erzielen.

EBITDA-Margen beobachten. Da die Kosten meist als Prozentsatz des Spot-Preises festgelegt sind, bleiben die Margen stabil, während Bergwerke bei fallenden Preisen oft negative EBITDA-Zahlen zeigen.

Risiken des Bergbaus vermeiden. Streaming-Firmen betreiben keine Minen und sind daher nicht von steigenden Lohnkosten, Arbeitsausfällen, Unfällen oder unerwarteten geologischen Bedingungen betroffen. Solche Risiken können die Produktion eines Bergwerks stark beeinträchtigen, aber das Streaming-Unternehmen hat seine Kosten bereits im Voraus festgelegt.

Diversifikation. Streaming-Unternehmen können hunderte von Verträgen besitzen – von bereits produzierenden Minen bis zu frühen Entwicklungsprojekten. Das führt zu einem breiter diversifizierten Portfolio bei gleichzeitig schlanker Unternehmensstruktur.

Streamer sind wie spezialisierte Finanzgesellschaften, die in Gold bezahlt werden. Ihre Investitionen bilden ein Portfolio, das sowohl aktuelle Erträge aus aktiven Minen als auch zukünftige Erträge aus Entwicklungsprojekten liefert. Dabei müssen zwei zentrale Faktoren ausbalanciert werden:

  1. Kapitalstruktur. Viele Streaming-Firmen finanzieren ihre Deals zunächst mit kurzfristigen Schulden (Bankkredite) und wandeln diese später in langfristige Schulden oder Aktien um.

  2. Produktionsrisiko. Wenn ein Projekt nie über die Planungsphase hinauskommt oder die Produktion hinter den Erwartungen zurückbleibt, kann das Unternehmen finanzielle Probleme bekommen. Auch unvorhergesehene Ereignisse wie Streiks, schlechtes Wetter oder geologische Überraschungen können die Lieferungen stoppen.

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Goldbarren, CC BY-SA 3.0

Fazit

Während TradingBrothers nahezu immer zu echtem Gold greifen würden, müssen Investoren bei Royalty- und Streamerfirmen regelmäßig wie jede Firmeninvestition überprüfen und die fundamentalen Kennzahlen und Geschäftsberichte im Auge behalten.

Gold war Jahrtausende eine Währung und ist inzwischen eine Ersatzwährung in harten Krisenzeiten und behält einen greifbaren Wert auch in der Zukunft. Auf der anderen Seite wirft Gold keine Dividende ab, Streamer hingegen schon.

24.08.2025 - Jackson Hole 2025: Fed-Chef Powell signalisiert Zinssenkungen

Seit mehr als vier Jahrzehnten gilt das Jackson Hole Symposium im US-Bundesstaat Wyoming als einer der wichtigsten Termine für Zentralbanker, Ökonomen und Investoren. Jedes Jahr Ende August treffen sich hier führende Notenbanker, um über langfristige geld- und wirtschaftspolitische Fragen zu diskutieren. Besonders die Reden der Fed-Vorsitzenden haben in der Vergangenheit oft richtungsweisende Signale für die Märkte geliefert.

Historische Bedeutung: Wendepunkte der Geldpolitik

Das Symposium ist bekannt dafür, zentrale Kurswechsel einzuleiten. 1982 verteidigte Paul Volcker dort seine straffe Zinspolitik gegen die Inflation. 2008 nutzte Ben Bernanke die Bühne, um inmitten der Finanzkrise Vertrauen zu schaffen. Und Jerome Powell selbst kündigte 2020 in Jackson Hole eine Anpassung der Inflationsstrategie an, die weitreichende Folgen für die Geldpolitik hatte. Für Anleger bedeutet Jackson Hole daher stets: besondere Aufmerksamkeit.

Erwartungen vor der Rede 2025

Vor Powells Auftritt am 22. August 2025 war die Spannung groß. Viele Marktteilnehmer hatten auf eine erste Zinssenkung im September gesetzt – Wahrscheinlichkeiten von über 70 % waren eingepreist. Doch widersprüchliche Konjunkturdaten bremsten die Hoffnungen: Während die Inflation hartnäckig über dem 2-Prozent-Ziel blieb, zeigte der Arbeitsmarkt erste Schwächen. Fed-Vertreter hatten sich im Vorfeld überwiegend zurückhaltend geäußert, betonten aber die datengestützte Ausrichtung der Geldpolitik. Entsprechend war klar: Powells Worte würden den Ton für den Herbst setzen.

Powell öffnet die Tür für Zinssenkungen

Um 16 Uhr deutscher Zeit hielt Powell seine mit Spannung erwartete Rede. Er sprach von steigenden Risiken für den Arbeitsmarkt und machte deutlich, dass das Risikogleichgewicht eine Anpassung der Politik rechtfertigen könne. Damit öffnete er die Tür für sinkende Zinsen und signalisierte, dass die Fed bereit ist, eine etwas höhere Inflation zu tolerieren, um die Konjunktur zu stützen.

Die Märkte reagierten sofort:

  • Der Dow Jones sprang um 350 Punkte auf ein neues Rekordhoch.

  • Der S&P 500 legte um 49 Punkte zu.

  • Der DAX kletterte um gut 100 Punkte.

  • Der Goldpreis stieg um 27 US-Dollar, da sinkende Renditen das zinslose Edelmetall attraktiver machten.

Auch der Anleihemarkt drehte: Die Renditen der 10-jährigen US-Staatsanleihen fielen von 4,31 % auf 4,26 %. In negativer Korrelation dazu schoben Aktienmärkte und Gold nach oben – ein klassisches Muster, wenn die Aussicht auf günstigere Kredite in den Vordergrund tritt.


Chart zeigt aktuelle Bewegung der Aktienmärkte in Relation zu Anleiherenditen
Die Anleihenmärkte regierten umgehend auf eine mögliche Zinssenkung im September. ©Finanzmarkwelt

Fazit

Das Jackson Hole Symposium 2025 hat einmal mehr gezeigt, welche Macht Worte haben können. Jerome Powell hat mit seiner Haltung die Weichen in Richtung Zinssenkung gestellt – und die Märkte reagierten prompt mit einer Rallye. Ob die tatsächlichen Schritte der Fed diesen Erwartungen entsprechen, wird sich im Herbst zeigen. Für Anleger bedeutet das: Wachsam bleiben und die nächsten Fed-Sitzungen genau verfolgen.



Quelle:
Finanzmarktwelt

12.08.2025 - Trumps Mar-a-Lago Akkord: Der Weg in die US-amerikanische Kriegswirtschaft?

Trumps Wirtschaftspolitik alarmiert führende Ökonomen weltweit. Der "Mar-a-Lago-Accord" sieht eine radikale Neuordnung des globalen Handelssystems vor. Wissenschaftler warnen vor Konsequenzen jenseits der Wirtschaftslogik. Was steckt dahinter?

Der Mar-a-Lago-Akkord

Zahlreiche Ökonomen bis hin zu Nobelpreisträgern warnen vor Trumps Zollpolitik. Sie prognostizieren in der Mehrzahl eine inflationsbedingte Rezession. Doch Trumps scheinbar chaotische Zoll- und Geopolitik folgt dem „Mar-a-Lago-Akkord“ seines Wirtschaftsberaters Stephen Miran. Dieses Strategiepapier ist benannt nach der Schaltzentrale und Luxus-Golfresidenz des amerikanischen Präsidenten im US-Bundesstaat Florida.

Das Ziel des Akkords ist mittlerweile jedem Börsianer nicht nur aus unseren TB-Webinaren schmerzlich bekannt: eine radikale Neuausrichtung des globalen Handelssystems durch gezielte Dollar-Abwertung, Schutzzölle und massive Rückverlagerung industrieller Produktion. Die USA sollen aus globalen Abhängigkeiten gelöst und eine neue Handelsordnung etabliert werden.

Weitreichende ökonomische Kritik

Nicht nur Experten wie Rebecca Patterson von der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations warnen vor materiellen Risiken dieser, die bewusst kurzfristige wirtschaftliche Schmerzen in Kauf nimmt. Die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) zeigt die prekäre US-Situation auf: 36 Billionen US-Dollar Staatsverschuldung (124 Prozent des BIP), erstmals mehr Zinsdienst als Verteidigungsausgaben. Die industrielle Basis ist erodiert – von 20 Prozent auf acht Prozent Beschäftigte in der verarbeitenden Industrie seit 1980.

China dominiert die Weltindustrie: Ein Drittel aller globalen Industrieprodukte, beim Stahl so viel wie der gesamte Rest der Welt. Im bilateralen Handel exportiert China Waren für 525 Milliarden Dollar in die USA, während amerikanische Exporte nur 164 Milliarden erreichen.
Und die SWP formuliert zugespitzt: "Eine Hegemonialmacht muss in der Lage sein, Stahl und Waffen selbst herzustellen."

Aber diese aktuellen Zahlen und auch der Krieg in der Ukraine zeigen deutlich: Die USA können das im Moment nicht. Deswegen muss auch ein neuer ,Deal' mit China-Freund Putin her. Das US-Dilemma: Entweder globale Macht teilen, hin zu einer multipolaren Weltordnung – oder Dominanz um jeden Preis sichern. Doch offizielle Strategiepapiere deuten darauf hin, dass die USA um die Beibehaltung ihrer Dominanz kämpfen wollen. Was also, wenn die US-amerikanische Strategie nicht primär auf ökonomisches Wachstum ausgerichtet ist, sondern auf die systematische Vorbereitung größerer Konfrontationen?

Jenseits der Wirtschaftslogik: Die Kriegsökonomie-Hypothese

Strategien dazu gibt es in den USA seit langem genug. Schon das zur Jahrtausendwende vom Transportkommando der US-Streitkräfte veröffentlichte „Joint Vision 2020“ proklamierte globale militärische Überlegenheit. 25 Jahre später bestätigt ein aktuelles Pentagon-Memo unter Trump diese Linie: China sei der zentrale Gegner, US-Interessen müssten in der gesamten westlichen Hemisphäre verteidigt werden – von Grönland bis Kap Hoorn. Um diese wie es dort heißt "Full-spectrum dominance" durchzusetzen, könnte die scheinbar abstruse und selbstschädigende US-Politik des Mar-a-Lago Akkords somit bei genauerem Hinsehen auch so interpretiert werden, dass die USA eine zweigleisige Kriegsökonomie-Strategie verfolgen – schauen wir also genauer drauf:

Industrielle Kriegsvorbereitung: Die aggressive Zollpolitik dient der systematischen nationalen Reindustrialisierung kritischer Sektoren:
Trump betonte bereits in seiner ersten Präsidentschaft 2018, die Stahlproduktion sei "eine Frage der nationalen Sicherheit". Mit seiner Zollpolitik versucht er nunmehr nicht ohne Erfolg, nennenswerte Industriekapazitäten in die USA zurückzuholen – und zwar bekanntermaßen unabhängig von den kurzfristigen wirtschaftlichen Kosten. Die seit der berühmten Zolltafel im Rosengarten abgeschlossenen internationalen US-Zolleinigungen fielen fast ausnahmslos zugunsten der USA aus. Die aktuelle Nvidia-Ankündigung, 500 Milliarden US-Dollar in Produktionsanlagen der Vereinigten Staaten zu investieren, ist nur das prominenteste sichtbare Beispiel dieser erzwungenen Re-Industrialisierung. Von der EU verlangt Trump zusätzliche 600 Milliarden USD neue Direktinvestitionen in den USA.

Soziologische Kriegsvorbereitung: Der erst im Mai verabschiedete „One Big Beautiful Bill Act“ (abgekürzt auch „BBB“) – ein Steuer- und Haushaltspaket, das primär Steuersenkungen für Reiche mit höheren Militärausgaben verbindet – offenbart eine soziale Zwei-Klassen-Strategie:
Während das Gesetz primär Steuersenkungen für die Ober- und Mittelschicht bringt (vier Billionen Dollar über zehn Jahre), treffen die Zollkosten überproportional die Unterschicht. Wie so oft bedient Trump seine eigene Klasse mit Steuerprivilegien, während er durch die Zollpolitik vor allem jene Bevölkerungsschichten trifft, die historisch die Soldaten und Arbeiter für die amerikanischen Kriege gestellt haben. Eine solch zweigleisige Strategie könnte einer brutalen, aber kohärenten sozialen Logik folgen: Zölle schaffen die industrielle Basis für die Kriegsführung, während gleichzeitige Prekarisierung eine Rekrutierungsbasis hervorbringt: Menschen, die aus existenzieller Not sowohl bereit sind, in kriegsnahen Industrien zu arbeiten, als auch in den Krieg zu ziehen. Die oberen, politisch einflussreichen Einkommensschichten bleiben durch Steuersenkungen privilegiert – und damit loyal. Die 156 Milliarden US-Dollar Militärausgaben des Bills über vier Jahre, die systematisch auf garantierte Finanzierung umgestellt wurden, wären dabei nur ein kleiner, aber bedeutsamer Baustein einer mutmaßlich größeren Strategie.

Eigene Währung als Mittel zum Zweck

Die SWP behauptet, dass Trump bereit ist, für diese Strategie sogar den globalen Status des US-Dollars zu opfern. Obwohl er die hegemoniale Funktion seiner Währung kennt, ist ihm "die Stärkung der amerikanischen Industrie wichtiger, als die Funktion des Dollar als Reservewährung im bisherigen Umfang zu wahren."

Seit dem Sieg Donald Trumps bei den US-Präsidentschaftswahlen und dem Bekanntwerden des Mar-a-Lago Akkords fiel der US-Dollar bereits von 1,02 auf 1,15 pro Euro. Die Schwächung des US-Dollars als Weltleitwährung wäre allerdings nur vorübergehend – denn im Fall eines Großkonfliktes könnten sie den Dollarstatus schlicht diktieren. Auch hierzu finden sich erstaunlich viele Passagen im Mar-a-Lago Akkord.

Geopolitik à la Trump

Diese industrielle Autarkie-Strategie wird offenbar durch ein noch größeres geopolitisches Konzept flankiert: die Schaffung einer in Mar-Lago oft zitierten "Festung Amerika", die weit über die heutigen US-Grenzen hinausreicht.

Die wiederholten Annexionsträume bezüglich Grönland und Kanada wirken nicht zufällig, sondern wie Teil einer Strategie zur geopolitischen Arrondierung: Grönland bietet Ressourcen und Arktis-Zugang, Kanada kritische Rohstoffe – und ist wirtschaftlich stark von den USA abhängig.

Auch die aggressive Behandlung enger Verbündeter wie der EU und die öffentliche Degradierung des ukrainischen Präsidenten Selensky ergibt in diesem Kontext Sinn: Europa ist politisch und militärisch so eng mit den USA verflochten, dass es trotz aller Proteste keine Alternative zum Gehorsam hat – Europa wird zunehmend in die Rolle eines militärischen und ökonomischen Erfüllungsgehilfen gedrängt.

Festung Amerika

Die gegenwärtige US-Politik opfert bewusst makroökonomische Stabilität für industrielle und territoriale Expansion – ein klassisches Merkmal der Vorbereitung auf eine Kriegswirtschaft. Geld kann gedruckt werden, aber Industrieanlagen, Fachkräfte, Produktionsketten und territoriale Kontrolle brauchen Jahre zum Aufbau. Dieser Umbau könnte einer klaren Logik folgen: Die USA nehmen bewusst kurzfristige wirtschaftliche Verwerfungen, internationale Isolation und finanzielle Instabilität in Kauf, um sich wirtschaftspolitisch auf einen möglicherweise entscheidenden und selbst herbeigeführten Konflikt vorzubereiten, nach dessen erfolgreichem Ausgang sie die Spielregeln der Welt vollständig neu definieren können.

Die Schaffung einer "Festung Amerika" durch territoriale Expansion, der Aufbau autarker Industriekapazitäten, die systematische Erzeugung ökonomischer Zwangslagen für breite Bevölkerungsschichten im eigenen Land zum Zweck der militärischen und ökonomischen Mobilisierung und die Inkaufnahme einer destabilisierten Weltwirtschaftsordnung könnten Bausteine einer umfassenden Vorbereitung auf jenen großen Konflikt sein, der die multipolare Herausforderung der amerikanischen Hegemonie beenden soll.

Ob diese Strategie offen formuliert wurde oder nicht – die Bausteine verdichten sich zu einem Gesamtbild, das kaum zufällig wirkt.


Quellen:

[1] https://think.ing.com/articles/mar-a-lago-accord-10-questions-answered-on-devaluing-the-dollar
[2] https://www.cfr.org/article/mar-lago-accord-not-recipe-success
[3] https://www.swp-berlin.org/10.18449/2025A23/
[4] https://www.ustranscom.mil/cmd/panewsreader.cfm?ID=28886F73-5056-A127-59B21D279CE1423F&yr=2000
[5] https://www.washingtonpost.com/national-security/2025/03/29/secret-pentagon-memo-hegseth-heritage-foundation-china/
[6] https://www.spiegel.de/wirtschaft/nvidia-will-erstmals-ki-supercomputer-in-den-usa-produzieren-a-5169f676-878e-453c-bd18-60aa8d4073b2
[7] https://www.n-tv.de/mediathek/videos/wirtschaft/US-Zoelle-fuer-EU-gelten-ab-heute-Trump-droht-schon-wieder-article25950211.html
[8] https://apnews.com/article/big-beautiful-bill-trump-tax-cuts-medicaid-00ce1ff8a7b7fea7a894d38398748c6b