Aktien vs. ETFs Teil 1/2: Wie funktioniert ein ETF?
In der Welt der Geldanlage haben ETFs (Exchange-Traded Funds) eine wahre Revolution ausgelöst. Sie gelten als kostengünstig, einfach und effektiv – ein „Must-have“ für jeden Anleger. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass ETFs bei weitem nicht so perfekt sind, wie sie oft dargestellt werden. Wir erklären in Teil 1, was ein ETF ist und wo Vor- und Nachteile liegen. Abschließend lassen wir in Teil 2 einen ETF gegen unser InVestitions-Depot Starter antreten und geben ein Fazit.
Was ist ein ETF?
Ein ETF ist ein Fonds aus Aktien, der im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Fonds an der Börse gehandelt wird (Exchange-Traded Funds = börsengehandelter Fonds). Ein ETF ist einem Index wie dem DAX oder MSCI World nachempfunden und versucht, diesen abzubilden. Deshalb bewegt sich der ETF-Kurs nahezu gleich mit dem Indexkurs – wegen Unterschieden in der Implementierung aber auch nicht exakt gleich.
ETFs haben unbestreitbare Vorteile, die sie in den vergangenen Jahren zu einem der beliebtesten Anlagevehikel gemacht haben:
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Breite Diversifikation: Mit einem einzigen Kauf können Anleger in Hunderte, wenn nicht Tausende Unternehmen investieren. Zum Beispiel deckt der MSCI World ETF mehr als 1.500 Unternehmen aus 23 Industrieländern ab. Dies minimiert das Risiko, das durch den Ausfall einzelner Unternehmen entstehen kann.
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Kosteneffizienz: Die jährlichen Verwaltungskosten (Total Expense Ratio, TER) von ETFs liegen häufig unter 0,2 %, was sie deutlich günstiger macht als aktiv verwaltete Fonds.
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Passives Management: ETFs bilden Indizes nach und erfordern kein aktives Eingreifen. Für Anleger, die keine Zeit oder Expertise für den Aktienhandel haben, ist dies ideal.
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Liquidität und Transparenz: ETFs können während der Handelszeiten gekauft und verkauft werden, und ihre Zusammensetzung ist jederzeit nachvollziehbar.
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Investieren in Nischenmärkte: Über ETFs können Privatinvestoren in kleine Nischenmärkte investieren, die sonst z. B. wegen Illiquidität nicht zugänglich sind.
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Investieren über Sparplan jederzeit: Der ETF-Investor kann monatlich automatisch einen Fixbetrag investieren und muss sich um Kaufentscheidung oder Kaufzeitpunkt keine Gedanken machen. („Einfach“ wie ein Bausparvertrag.)
Themenfonds und ihre versteckten Schwächen
Themenfonds tragen oft kreative, klimabewusste oder zukunftsorientierte Namen, die Anleger emotional ansprechen sollen. Themenfonds wie der JPMorgan Carbon Transition Global Equity UCITS ETF versprechen Investoren Zugang zu spezifischen Wachstumsfeldern – in diesem Fall Unternehmen, die von der Transformation zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft profitieren sollen. Doch ein genauerer Blick zeigt, dass sich auch hier immer wieder dieselben großen Namen finden, die bereits die klassischen Indizes dominieren.
Hier haben wir einerseits eine hohe Allokation in Standardwerte wie Apple, Microsoft und Nvidia, die zu den größten Emittenten von ETFs weltweit gehören. Andererseits aber auch eine mangelnde thematische Passung bei Unternehmen wie Apple oder Alphabet, die zwar profitable Tech-Riesen sind, jedoch nicht für Unternehmen stehen, die sich primär auf CO2-Neutralität fokussieren. Hier muss der Investor also genau hinschauen, ob auch drin ist, was draufsteht.
JPMorgan - die 10 größten Positionen im CTB-ETF - @justetf
Die dunkle Seite der ETFs: Oft übersehene Schwächen
Die letzten Jahrzehnte waren geprägt von Bullenmärkten. In solchen Phasen wirken ETFs wie ein perfektes Werkzeug. Doch sobald die Märkte fallen oder sich seitwärts bewegen, treten ihre Schwächen deutlich zutage.
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Zukünftige Highflyer: Die nächste Nvidias und Teslas rutschen automatisch in den ETF rein, ohne dass wir uns darum kümmern müssen.
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Keine aktive Steuerung in Krisen: ETFs sind per Definition passiv und können weder auf Krisen reagieren noch defensive Sektoren bevorzugen, weil sie einen Index abbilden müssen. In der Finanzkrise 2008 oder der Dotcom-Blase 2000–2003 mussten Anleger mit ETFs Verluste von bis zu 50 % hinnehmen.
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Klumpenrisiko durch Marktkapitalisierung: Viele von ETFs abgebildete Indizes wie der MSCI World oder S&P 500 gewichten Unternehmen nach ihrer Marktkapitalisierung. Das führt dazu, dass einige wenige Großkonzerne – vor allem US-Technologiewerte wie Apple, Microsoft und Amazon – einen überproportionalen Einfluss haben. Im MSCI World machen die 10 größten Unternehmen beispielsweise 28 % des Index aus. Eine Korrektur dieser Unternehmen um 50 % würde den Index um 14 Punkte nach unten ziehen – unabhängig von der Performance der übrigen Unternehmen.
JPMorgan - im Vergleich die 10 größten Positionen im MSCI World - @justetf
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Langsame Erholung nach Markteinbrüchen: ETFs erholen sich nur so schnell wie der Markt. Nach der Finanzkrise 2008 benötigte der MSCI World 7 Jahre, um seinen vorherigen Höchststand wieder zu erreichen.
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Keine Qualitätskontrolle: ETFs investieren automatisch in alle Unternehmen eines Index – auch in solche mit schwacher Bilanz, sinkendem Wachstum oder schlechter Bewertung.
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Psychologische Belastung: In einem langanhaltenden Bärenmarkt wie der Dotcom-Blase 2000–2003 erleben viele Anleger emotionale Belastungen. Die Theorie des „Buy and Hold“ klingt rational, doch in der Praxis verkaufen viele Anleger in Panik, wenn ihr Portfolio über Monate hinweg an Wert verliert. ETFs bieten hier keine Schutzmechanismen und setzen somit Anleger ungeschützt einer Situation aus, derer sich viele unerfahrene Investoren überhaupt nicht bewusst sind, weil sie ETFs nur in Bullenmarktphasen kennengelernt haben.
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Replikation kann schwierig sein: Manche Indizes sind zu aufwändig, um exakt nachgebildet zu werden. Der MSCI World mit ca. 1.600 Unternehmen wird in der Regel nicht exakt nachgebildet. Hier gibt es verschiedene Replikationsmethoden:
– physisch vollständig: Exakte Nachbildung, aber aufwändig und deshalb teuer.
– physisch Sampling: Hier beschränkt sich der ETF auf die größten maßgeblichen Titel.
– synthetisch: Der Aufbau erfolgt durch Swaps, bei denen das Kontrahentenrisiko hereinspielt. -
Versteckte Risiken:
Swap-ETFs haben ein Kontrahentenrisiko, aber geringere Kosten. Das Risiko wird mit einer Versicherung ausgeglichen, die wiederum Kosten verursacht.
ETFs können Wertpapiere weiter verleihen (Wertpapierleihe), um Kosten zu sparen. Sollen dann Wertpapiere verkauft werden, müssen diese erst zurückgefordert werden. Wenn nun viele Investoren wegen einer Krise gleichzeitig ETF-Anteile verkaufen wollen, kann der Verkauf für den ETF-Manager Stunden oder Tage dauern. Auch hier besteht das Kontrahentenrisiko. -
Tracking Error: Es treten Abweichungen vom Referenzindex wegen ETF-Kosten, Re-Balancing und Wertpapierleihe auf.