17.06.2025 - Warren Buffett & Berkshire Hathaway Inc. – Vom Textilhersteller zum Investmentgiganten

Die bekannteste Investmentfirma der Welt Berkshire Hathaway befindet sich derzeit in einer Übergangsphase: Zum Jahresende wird Warren Buffett die operative Verantwortung an Greg Abel übergeben. Damit stellt sich auch die Frage, welche strategischen Schwerpunkte das Konglomerat künftig setzen wird. Wir haben die wichtigsten Erkenntnisse rund um Berkshire und seinen legendären Gründer seit der jährlichen Hauptversammlung im vergangenen Monat für Euch zusammengefasst:
Der Rückzug des Orakels von Omaha
Warren Buffett, der als „Orakel von Omaha“ bekannte Investor, hat auf der diesjährigen Aktionärsversammlung seines Konglomerats* Berkshire Hathaway Inc. seinen Rückzug als Vorstandschef angekündigt. Der 94-jährige Multimilliardär will Ende 2025 die Führung an seinen designierten Nachfolger Greg Abel übergeben, bleibt dem Unternehmen aber als Berater erhalten. * Als Konglomerat in Zusammenhang mit der Firmenstruktur wird ein stark diversifiziertes Unternehmen mit Tochtergesellschaften bezeichnet, die unterschiedliche Wertschöpfungsketten aufweisen, in verschiedenen Branchen tätig sind und nicht miteinander im Wettbewerb stehen.
Startschuss
Doch wie ist das Unternehmen eigentlich entstanden? - Buffett hatte ursprünglich eine kleine Textilfirma in den 1960er Jahren erworben und über Jahrzehnte in eine überaus erfolgreiche Investmentgesellschaft verwandelt. Sein Gespür für gute Geschäfte sorgte dafür, dass sich Berkshires Investitionen über die Jahre deutlich besser entwickelten als der Aktienmarkt im Durchschnitt. Kurz vor seinem 94. Geburtstag konnte Buffett einen Meilenstein feiern: Der Börsenwert von Berkshire Hathaway stieg auf mehr als eine Billion US-Dollar – ein Wert, den in den USA bisher nur Technologiekonzerne erreichten. Dem Konglomerat gehören unter anderem der Versicherer Geico, die Eisenbahngesellschaft BNSF, die Fast-Food-Kette Dairy Queen und der Batteriehersteller Duracell. Zudem hält die Holding Beteiligungen an zahlreichen bekannten Unternehmen wie Apple und Coca-Cola.
Erfolg durch Beständigkeit und Geduld..
Bei dem Treffen in Omaha im U.S.-Bundesstaat Nebraska, dem jährlich zehntausende Fans und Börsianer beiwohnen, veröffentlichte Berkshire auch die Zahlen und Positionierungen zum ersten Quartal. Der Betriebsgewinn fiel wegen der verheerenden Brände in Kalifornien im Januar um 14 Prozent auf 9,64 Milliarden US-Dollar. Der Nettogewinn brach um 64 Prozent auf 4,6 Milliarden US-Dollar ein, was hauptsächlich auf nicht realisierte Verluste bei Aktien – wie beispielsweise Apple – zurückzuführen ist. Das Barvermögen von Berkshire legte weiter zu – von 334,2 Milliarden US-Dollar zum Jahresende auf nunmehr 347,7 US-Milliarden Dollar. Kritiker werfen Buffett vor, zu viel Cash zu halten, statt es zu investieren. Der Investor wehrte diese Kritik jedoch ab: „Wir führen ein Unternehmen, das sehr, sehr opportunistisch ist. Wir haben eine Menge Geld gemacht, indem wir nicht immer voll investiert waren.“
Berkshire Hathaway schlägt den S&P 500 seit 1997 deutlich.
.. und Aktives Portfoliomanagment
Einen aufschlussreichen Blick hinter die Kulissen liefern dabei die quartalsweise veröffentlichten Pflichtmeldungen an die US-Börsenaufsicht SEC. Sie zeigen, welche Aktienkäufe und -verkäufe Berkshire Hathaway im jeweiligen Quartal vorgenommen hat. Während Berkshire traditionell für seine Buy-and-Hold-Strategie bekannt ist, zeigt sich gerade ein anderes Bild: Das Portfolio wird zunehmend aktiv umgeschichtet.
Finanztitel adé – Buffett zieht sich hier weiter zurück
Wie bereits zuvor wurde weiter im Finanzbereich aufgeräumt. Im ersten Quartal 2025 trennte sich Berkshire Hathaway vollständig von seinen Anteilen an der Citigroup sowie dem Fintech Nu Holdings; die Beteiligung am Finanzdienstleister Capital One wurde um vier Prozent zurückgefahren. Und auch bei der Bank of America reduzierte der Starinvestor seine Position um weitere sieben Prozent. Mit einem Depotanteil von rund zehn Prozent ist das Unternehmen hinter dem Champion Apple, American Express und Coca-Cola aber noch die viertgrößte Einzelposition.
Über die Beweggründe für diese Verkäufe lässt sich nur spekulieren. Möglicherweise bewertet Buffett die Lage der US-Wirtschaft zunehmend kritisch. In konjunkturell schwächeren Phasen geraten Banken traditionell stärker unter Druck. Kreditausfälle steigen, während das Zinsgeschäft oft unter sinkender Nachfrage leidet.
Buffett-Nachfolger: Kompetenz im Energiesektor
Eine andere Deutung erscheint ebenfalls plausibel: Vielleicht wird das Portfolio bereits im Hinblick auf den anstehenden Führungswechsel strategisch neu ausgerichtet. Während Warren Buffett als ausgewiesener Experte für den Finanzsektor gilt, liegt die fachliche Stärke seines designierten Nachfolgers Greg Abel klar im Bereich Energie und Infrastruktur. Es liegt nahe, dass sich die künftige Ausrichtung des Portfolios stärker an Abels Kompetenzen orientieren könnte.
Greg Abel kam 1999 im Zuge von Berkshires Einstieg bei MidAmerican Energy ins Unternehmen. Buffett war von seinen Erfolgen beim Ausbau des Energiegeschäfts so beeindruckt, dass er ihn 2018 zum stellvertretenden Vorsitzenden beförderte und ihm die Verantwortung für alle Nicht-Versicherungsbereiche übertrug. Im Jahr 2021 wurde Greg Abel öffentlich als Buffetts designierter Nachfolger benannt.
Weitere Investitionen in Occidental Petroleum
Dazu passt, dass Berkshire Hathaway im ersten Quartal seine Beteiligung an Occidental Petroleum weiter ausgebaut hat. Mit einem aktuellen Marktwert von rund 13 Milliarden Dollar ist das Energieunternehmen mittlerweile die sechstgrößte Position im Portfolio. Occidental zählt zu den wenigen großen Akteuren der Branche, die konsequent auf klimafreundliche Technologien setzen. Ziel ist es, langfristig Kohlendioxid-neutrales Öl zu produzieren.
Occidental ist zudem der größte Landbesitzer im Permian Basin (Texas/New Mexico), einem der ertragreichsten Ölfördergebiete der Welt. Diese führende Stellung geht auf die Übernahme von Anadarko Petroleum im Jahr 2019 zurück – ein Deal, den Warren Buffett damals mit einer Investition von 10 Milliarden US-Dollar in Form von Vorzugsaktien unterstützte. Diese Papiere sichern Berkshire eine attraktive jährliche Dividende von 8%.
„Otto-Normal-Anleger“ mussten allerdings bei einem Investment in Occidental Petroleum viel Leidensfähigkeit mitbringen. Mit einem durchschnittlichen Kursverlust von 6% pro Jahr innerhalb der vergangenen Dekade zählt das Unternehmen zu den Kapitalvernichtern.
Ein Marktführer wurde aufgestockt, einer reduziert
Im ersten Quartal 2025 hat Berkshire Hathaway seine Beteiligung an Domino’s um 10% aufgestockt. Die Pizzakette setzt auf ein kapitalleichtes Franchise-System, das schnelle Expansion bei gleichzeitig hohen Margen ermöglicht. Der Branchenleader nutzt zudem Künstliche Intelligenz, um Bestell- und Lieferprozesse zu optimieren. So beginnt die Zubereitung einer Pizza teilweise schon, bevor der Kunde den Bestellvorgang abgeschlossen hat.
Auf der Verkaufsliste stand hingegen T-Mobile US, die Position wurde um 11% reduziert. Durch umfangreiche Investitionen in den 5G-Netzausbau erreicht der Technologie-Champion mit seinem 5G-Netz mittlerweile rund 98% der US-Bevölkerung, wobei 38% tatsächlich zu den Kunden zählen. Der Erfolg brachte einen deutlichen Kursanstieg und möglicherweise wurden hier einfach nur Gewinne mitgenommen.
Warren Buffett übergibt Ende des Jahres an Greg Abel (Quelle Wall Street Journal)
Kritik an Trumps Handelspolitik und Ausblick
Neben seiner Rückzugsankündigung nutzte Buffett die Bühne auch, um die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump zu kritisieren. „Handel sollte keine Waffe sein“, sagte er, ohne Trump beim Namen zu nennen. Je wohlhabender andere Länder seien, desto wohlhabender würden auch die USA. „Ein ausgewogener Handel ist gut für die Welt. Ich denke nicht, dass es eine gute Idee ist, eine Welt zu schaffen, in der ein paar Länder sagen, ha ha ha, wir haben gewonnen.“ Buffett warnte auch davor, den Rest der Welt gegen die USA aufzubringen. „Es wäre ein großer Fehler, wenn 7,5 Milliarden Menschen einen nicht mögen und 300 Millionen sich damit brüsten, wie gut es ihnen geht“, mahnte der Investor.
An Anteilen will Buffett festhalten
Obwohl er die operative Führung abgibt, will Buffett an seinen Anteilen an Berkshire Hathaway festhalten. „Die Entscheidungen wird Greg treffen“, betonte er. Der Nachfolger Abel soll das Unternehmen in einer Zeit leiten, in der viele Anleger durch die US-Zollpolitik verunsichert sind und Kursschwankungen an den Aktienmärkten zunehmen. Warren Buffett, der im August 95 Jahre alt wird, hatte bislang keine Pläne für sein Ausscheiden bekannt gegeben. Mit seiner Ankündigung bereitet er nun einen geordneten Führungswechsel bei einem der wertvollsten Unternehmen der Welt vor.
Für die Märkte bedeutet der Rückzug der Investmentlegende vorerst wenig Überraschung, war doch Greg Abel bereits seit längerem als Nachfolger designiert. Dennoch markiert das angekündigte Ende der Ära Buffett einen historischen Moment an der Wall Street – und das Ende einer Karriere, die wie keine zweite für langfristigen Anlageerfolg steht.
Quellen:
– Berkshire Hathaway Quartalsbericht:
https://www.berkshirehathaway.com/reports.html
– FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 5. Mai 2025:
Leider nicht öffentlich online verfügbar. Artikel entnommen aus PDF „20250505_FrankfurterAllgemeineZeitungth1397474“. Titel: „Das Orakel von Omaha tritt ab“
– boerse.de, 8. Mai 2025:
Nicht mehr online verfügbar. Artikel liegt vor als PDF „Warren Buffett übergibt das Steuer – ein neues Kapitel für Berkshire Hathaway beginnt – boerse.de.pdf“
– Morningstar, 5. Mai 2025:
https://www.morningstar.de/de/news/264437/berkshire-hathaway-5-wichtige-erkenntnisse-aus-der-jahreshauptversammlung.aspx